Vom 03. bis zum 15. November fand auf der Airbase im brasilianischen Natal mit der achten Auflage der CRUZEX die größte Luftwaffenübung in Lateinamerika statt. Über 100 Flugzeuge und rund 3.000 Soldaten nahmen an dem Manöver teil. Die insgesamt 18 beteiligten Länder zeigten sich mit den erzielten Ergebnissen äußerst zufrieden.

Natal

Natal ist die Hauptstadt des brasilianischen Bundesstaats Rio Grande du Norte und liegt unweit des Esquina Brasileira, also am Nordostkap Südamerikas. Das Bemerkenswerteste dieser Stadt mit ihren rund 750.000 (Metropolregion ca. 1.5 Mio.) Einwohnern ist vermutlich ihr Name. Zurückführend auf ihre Gründung am 25. Dezember 1599 bedeutet Natal nichts anderes als "Weihnachten".
Das vorwiegend gute Wetter am Ende eines Jahres, das verhältnismäßig geringe zivile Flugaufkommen in der Region und die gute Infrastruktur der hiesigen Airbase prädestinieren Natal sowie das Umland für die Durchführung einer großen Luftwaffenübung wie die CRUZEX.
Geschichte der CRUZEX

2002 wurde die "Exercício Cruzeiro do Sul" (Übung Kreuz des Südens), benannt nach dem markanten Sternenbild der Südhalbkugel, welches auch auf der Flagge Brasiliens zu sehen ist, zum ersten Mal durchgeführt. Der Grundgedanke lag in der gemeinsamen Ausbildung zur Bewältigung von Konfliktszenarien und der Förderung des Erfahrungsaustauschs zwischen den teilnehmenden Ländern. Seinerzeit nahmen neben den brasilianischen Streitkräften lediglich Frankreich sowie Argentinien mit Fluggeräten an der CRUZEX teil.

Zunächst alle zwei Jahre ausgetragen nutzen regelmäßig weitere südamerikanische Luftwaffen die Trainingsmöglichkeiten der Übung, seit 2010 auch die US Air Force. Somit handelt es sich um das größte multinationale Training dieser Art in Lateinamerika. Nach 2010 fand das Manöver lediglich dreimal statt. Die 2024er Auflage war die erste nach sechs Jahren Pause.
CRUZEX VIII, 2024

An der diesjährigen CRUZEX nahm die Rekordzahl von 16 Ländern teil. Brasilien, die USA, Chile, Argentinien, Peru, Kolumbien sowie erstmalig Portugal und Paraguay waren dabei mit insgesamt über 100 Flugzeugen vor Ort. Abordnungen aus Kanada, Ecuador, Frankreich, Deutschland, Südafrika, Schweden, Uruguay und Italien schickten Beobachter nach Natal.

Im Wesentlichen bestand die Übung aus drei Teilen. Der erste, genannt FAM (Familiarization), umfasst Flüge zum Kennenlernen des Einsatzbereiches. Diesem folgte FIT (Force Integration Training) zum Erarbeiten von Grundlagen zur Zusammenarbeit der unterschiedlichen Crews und Luftfahrzeuge. In der zweiten Woche schließlich wurden komplexe COMAO (Composite Air Operation)-Missionen geflogen. Bei diesen Verbundübungen arbeiteten Aufklärer, Tanker und Fighter koordiniert zusammen, um ein vorab definiertes Ziel zu erreichen.

Darüber hinaus wurden SAR-Missionen simuliert, Bodentruppen abgesetzt, Luftunterstützungsmissionen und Aufstandbekämpfung simuliert.
Erstmalig im Rahmen der CRUZEX spielte auch die simulierte Abwehr von Cyber-Angriffen eine übergeordnete Rolle. Dieser Ansatz zeigt die wachsende Bedeutung dieser Bedrohung für die moderne Militärluftfahrt und den dringenden Bedarf, die Sicherheit kritischer System in diesem Bereich signifikant zu erhöhen.

Ganz nebenbei erfüllt die Übung auch einen zwischenmenschlichen Zweck. Zwar verstehe man sich, abgesehen von den Rivalitäten im Fußball, hervorragend, so der federführende General Ricardo Guerra Rezende, dennoch sei ein nicht unwichtiger Teil der CRUZEX die Partnerschaft und Freundschaft der beteiligten Länder zu fördern bzw. auszubauen.
Brasilien aus Ausrichter

Es gehört zum brasilianischen Selbstverständnis als größtes und wirtschaftlich stärkstes Land in Lateinamerika auch Vorreiter in Fragen der militärischen Zusammenarbeit zu sein. Schlussendlich seien diese Partnerschaften auch Garant für die Sicherheit Brasiliens, so Rezende. Insbesondere in politisch komplizierten Zeiten wie diesen.

Als Ausrichter stellten die brasilianischen Streitkräfte das mit Abstand größte Kontingent auf der CRUZEX. Neben altbekannten Flugzeugen nahmen erstmalig auch die neusten Errungenschaften der Forca Aérea Brasileira (FAB), F-39 Gripen und der Transporter KC-390 Millenium, an der internationalen Großübung teil.
F-39 E/F Gripen

Erst Anfang November wurde bekannt, dass die FAB neun weitere JA S 39 Gripen bei Saab bestellt hat und nunmehr fünfundvierzig Maschinen der Varianten "E" (Einsitzer) und "F" (Doppelsitzer) in den Dienst gehen werden. Fünfzehn Jets wurden bzw. werden in Schweden gebaut und seit September 2020 per Schiff nach Brasilien geliefert. Alle weiteren Gripen fertigt der brasilianische Flugzeugbauer EMBRAER in Lizenz. Beide beteiligten Unternehmen erhoffen sich weitere Verkäufe in Südamerika sowie Afrika, um die Produktionslinie dauerhaft auslasten zu können. Die ersten Maschinen werden das Werk in der Nähe von São Paulo Anfang 2025 verlassen.

Laut General Rezende entsprächen die bisher bei der FAB im Einsatz befindlichen F-39 aktuell nicht dem E-Standart, sondern würden erst in den kommenden Monaten technisch aufgerüstet. Trotzdem habe man im Rahmen der CRUZEX wertvolle Erfahrungen sammeln können und die Gripen habe die Erwartungen vollumfänglich erfüllt.
KC-390 Millenium

Von den neunzehn bei EMBRAER bestellten Exemplaren des Multi-Mission-Transport-Aircraft hat die FAB bereits sieben Exemplare erhalten. Zwar nahmen die Maschinen erstmalig an einer CRUZEX teil, haben jedoch in den vergangenen Jahren bereits ihre Einsatzfähigkeit bei verschiedenen humanitären Hilfs- und Rettungsmissionen unter Beweis gestellt.

Die Millenium kann nicht nur für klassische Transportaufgaben, sondern auch als Tanker, Löschflugzeug oder MEDEVAC eingesetzt werden. Diese Flexibilität ist einer der Kriterien, die das Muster auch für ausländische Nutzer interessant mach. In Portugal und Ungarn fliegt die KC-390 bereits. Ein halbes Dutzend weiterer Luftwaffen, zuletzt die schwedische Flygvapnet, haben den Transporter bereits bestellt.

Auch während der CRUZEX habe die Millenium ihren Wert für die brasilianische Luftwaffe untermauert, lobte der verantwortliche Kommandeur Oberstleutnant Coelho.
Fazit
Während der Übung wurden rund 1.500 Flugstunden absolviert, mehr als 450 Fallschirmspringer abgesetzt, 160 Ziele angegriffen und über 800 Einsätze durchgeführt. Die operationelle Effizienz erreichte 98 %, was die Professionalität der teilnehmenden Teams widerspiegelt.

Auch darüber hinaus sei die CRUZEX 2024 ein voller Erfolg gewesen, so General Rezende in seinem abschließenden Fazit. Die Trainingsinhalte würden zukünftig Leben retten und die Reaktionsfähigkeit der Luftwaffe in realen Situationen deutlich verbessern.
Er kündigte eine weitere CRUZEX an, allerdings ohne ein konkretes Datum zu nennen.